Sonntag, 22. Oktober 2017

Predigt am 22. Oktober 2017 (Kirchweihgottesdienst)

Jesus sprach: „Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden? Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn das gesät wird aufs Land, so ist’s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.“
Markus 4, 30-32

Jesus liebt das Kleine.
Kleine Senfkörner.
Meistens übersehen.
Manchmal zum Würzen gebraucht.
Manchmal um neuen Senf zu säen.
Auf ein Korn mehr oder weniger kommt es nicht an, denkt jeder.
Aus einem einzelnen Korn kann eine riesige Pflanze werden, sagt Jesus.
Neue Körner: neuer Samen, neuer Senf.
Und grüne Blätter.
Hoffnungsgrün.
Und Schatten für die Vögel.
Jesus liebt das Kleine:
Kleine Kinder.
Lasst die Kinder zu mir kommen; ihnen gehört das Reich Gottes.
Er segnet sie.
Wir taufen sie.
In seinem Namen: Ihnen gehört das Reich Gottes.
Jesus liebt das Kleine:
Kleine Sünder.
Wie Zachäus, den Zöllner (im Evangelium).
Er schaut ihm in die Augen.
Und ihm wird das kleine Herz ganz groß.
Er macht wieder gut, was er schlecht gemacht hat.
Ihm ist Heil widerfahren.
Das ist das Reich Gottes.
Jesus liebt das Kleine:
Kleingläubige.
Die nicht mehr ein noch aus wissen:
Ich glaube, hilf meinem Unglauben!
Und dieser kleine Glaube, so winzig wie ein Senfkorn, ist genug.
Jesus liebt das Kleine.
Kleine Worte.
Senfkorngeschichten:
Vom Wachsen und Gedeihen.
Weizenkorngeschichten:
Vom Sterben und Auferstehen.
Vogelgeschichten:
Von denen, die nicht säen und nicht ernten, und die der himmlische Vater doch versorgt.
Kleine-Leute-Geschichten:
Vom Bauern, der sät und erntet.
Von der Bäckerin, die mit Sauerteig Brot bäckt.
Vom Weingärnter, der seinen Weinstock hegt und pflegt.
Jesus liebt die kleinen Leute.
*
Kirchweihsonntag.
Eine kleine Kirche in einem kleinen Dorf.
Ulbersdorf war immer ein kleines Dorf.
Und die Ulbersdorfer Kirche war immer eine kleine Kirche.
Aber schon vor bald 600 Jahren gab es sie, den Vorgängerbau unserer Kirche, die nun auch schon seit dem 17. Jahrhundert hier steht.
Eine kleine Kirche für eine kleine Gemeinde.
Schon immer.
Heute mag sie uns noch kleiner vorkommen, wo sie schon lange Teil einer größeren kleinen Gemeinde geworden ist: Lichtenhain-Ulbersdorf, und bald Teil einer noch größeren kleinen Gemeinde sein wird: Sebnitz-Hohnstein. Da taucht der Name Ulbersdorf dann gar nicht mehr auf.
Aber hier war Kirche, hier ist Kirche und hier wird Kirche sein.
Auch nächstes Jahr noch.
Wir werden hier Gottesdienst feiern.
Manchmal mit ganz wenigen.
Und manchmal mit ein paar mehr:
Wenn Weihnachten ist oder Ostern.
Oder Erntedank oder Kirchweih oder Hubertustag.
Wenn ein Kind getauft wird.
Oder ein alter Mensch zu Grabe getragen.
Hier ist Kirche, wenn ein Wort der Bibel gelesen wird.
Hier ist Kirche, wenn einer betet: laut am Altar, oder still in der Bank.
Hier ist Kirche, wenn wir Brot und Wein teilen und darin Gottes Liebe schmecken.
Hier ist Kirche, wenn wir dieses Haus zuversichtlicher verlassen, als wir es betreten haben, fröhlicher, dankbarer, getroster, kurz: wenn wir gesegnet weiter gehen.
Hier ist Kirche – und nicht nur in diesem Haus.
Sondern in unseren Herzen.
Weil da Glaube ist. Und Hoffnung. Und Liebe.
Vielleicht nur kleiner Glaube, geringe Hoffnung und wenig Liebe. Vielleicht nur so klein wie Senfkörner. Aber immerhin.
*
Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden?
Wir können es vergleichen mit einer Stadt voller Licht und Wärme, mit sprudelnden Quellen, wo Gott selber da ist und alle Tränen abwischt, wo keiner mehr trauern muss und keiner mehr Schmerzen hat. (So wie wir es in der Lesung aus der Offenbarung gehört haben.) Wir können es mit einem Baum vergleichen, der groß ist und grün und Früchte trägt und Schatten spendet.
Und dann können wir traurig werden, weil wir keinen Baum sehen, sondern nur ein paar Senfkörner: unseren Kleinglauben, unsere Mini-Hoffnung, unsere Wenig-Liebe. Wir können verzagen, weil wir keine Gottesstadt haben, sondern nur ein kleines Dorf mit einer kleinen Kirche und einer kleinen Gemeinde, die schon lange nicht mehr für sich selbst existieren kann.
Aber wir können auch auf Jesus hören.
Und staunend zur Kenntnis nehmen:
Jesus liebt das Kleine.
Er erzählt vom großen Reich Gottes und beginnt mit dem einzelnen kleinen Senfkorn.
Er sagt: Das Reich Gottes ist ganz nahe.
Und er geht nicht zuerst in die große Gottesstadt, sondern bleibt in der Nähe,geht von Dorf zu Dorf, dort in Galiläa, in der Provinz, am See bei den Fischern und auf dem Land bei den Weinbauern und den Weizensäleuten und den Senfgärtnern.
Er macht kleine Worte.
Er macht kleine Wunder.
Er sät kleine Senfkörner des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.
Jesus liebt das Kleine.
Jesus liebt die Kleinen.
Er liebt auch uns.
Kleine Leute.
Kleine Sünder.
Kleine Kinder.
Kleingläubige.
Auch bei uns wächst das Reich Gottes.
Geben wir unseren Senf dazu!